Sonntag 05.04.2020, Palmarum: Jesus zieht in Jerusalem ein. Hosianna!

Spruch für die Woche aus dem Johannesevangelium:
Der Menschensohn Jesus muss erhöht werden, damit alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben.

Lied für die Woche:
Herr, lehre mich, dein Leiden zu bedenken (im Evangelischen Gesangbuch Nr. 91)

Den Bibeltext, der an diesem Sonntag Lätare im Mittelpunkt der Predigt steht, können wir beim Evangelisten Markus nachlesen (Kapitel 14, Verse 3-9):
Jesus war in Betanien bei Simon, dem Aussätzigen, zu Gast. Während des Essens kam eine Frau herein. Sie hatte ein Fläschchen mit reinem, kostbarem Nardenöl. Das öffnete sie und goss Jesus das Öl über den Kopf.  Einige der Anwesenden waren empört darüber. »Was soll diese Verschwendung?«, sagten sie zueinander. »Dieses Öl hätte man für mehr als dreihundert Silberstücke verkaufen und das Geld den Armen geben können!« Sie machten der Frau heftige Vorwürfe.  Aber Jesus sagte: »Lasst sie in Ruhe! Warum bringt ihr sie in Verlegenheit? Sie hat eine gute Tat an mir getan.  Arme wird es immer bei euch geben und ihr könnt ihnen helfen, sooft ihr wollt. Aber mich habt ihr nicht mehr lange bei euch.  Sie hat getan, was sie jetzt noch tun konnte: Sie hat meinen Körper im Voraus für das Begräbnis gesalbt.  Ich versichere euch: Überall in der Welt, wo in Zukunft die Gute Nachricht verkündet wird, wird auch berichtet werden, was sie getan hat. Ihr Andenken wird immer lebendig bleiben.«

Liebe Schwestern und Brüder,

„Heile, heile Kätzchen, ’s Kätzchen hat vier Tätzchen, ’s Kätzchen hat ’nen langen Schwanz, bald ist alles wieder ganz.“ Die beste Medizin gegen kleine Beulen und Wunden ist, dieses kurze Verschen zu sprechen und über die schmerzende Stelle zu streicheln. Freilich, wenn unsere Kinder größer werden, ist es nicht mehr so ganz einfach mit dem Trösten. Heilsame Nähe aber bleibt etwas, das uns Kummer, Schmerzen, Leiden tragen hilft. In jedem Lebensalter.
Ich sehe Jesus in dieser Geschichte: Er weiß, was in den kommenden Tagen auf ihn zukommen wird. Auch er spürt Angst in sich aufsteigen. Im Garten Gethsemane wird er auf dem Erdboden liegen, weinen und beten. In dieser beängstigenden Situation gibt ihm die namenlose Frau: Nähe, über die Grenzen der Sitte und Gebräuche hinweg. Sie berührt ihn sanft, vielleicht auch etwas zögerlich und hört nicht auf die (vernünftigen) Einwürfe der Männer.
Ausgerechnet in diesen Tagen lesen wir nun diese Geschichte: Heute, da Nähe untersagt werden muss. Die altgewordenen Eltern warten vergeblich auf einen Besuch. Das Kinderlachen auf dem Spielplatz ist verstummt. Allmählich sickert in unsere Herzen, dass sich zu Ostern keine fröhliche, große Familienrunde am bunten Frühstückstisch versammeln wird. Wir diskutieren über Abstandsregeln – das ganze Gegenteil zu heilsamer Nähe.

Aber gerade heute spricht die Frau zu mir: Sie ist erfinderisch, um Jesus das zu geben, was er in der verwirrenden Zeit braucht. Und da fallen mir all‘ die Ideen ein, die Menschen jetzt entwickeln, um anderen nahe zu sein, gerade jetzt: Mir hat es die Tränen der Rührung in die Augen getrieben, als ich von den Kindern in Frankfurt las, die Briefe geschrieben und Bilder gemalt haben, um sie in ein Seniorenheim zu schicken. Ich bewundere die Alten, die plötzlich Tablets in der Hand halten und skypen, um mit der Familie in Kontakt zu bleiben (ja, vielleicht haben wir Jüngeren die Älteren in dieser Hinsicht oft unterschätzt…). Mich tröstet, wie viele Menschen durch das Gebet deutlich zeigen, dass wir im füreinander Beten immer nah beieinander sind. Ich bin angetan von der Idee einer Kirchenältesten, eine Anleitung fürs Tischabendmahl daheim auf unsere Netzseite zu stellen; denn das Abendmahl ist für uns Christen die größte Nähe zueinander und zu Jesus, ob zu Hause mit der Familie oder in der Kirche mit den Schwestern und Brüdern gefeiert.
Ich merke beruhigt und berührt, an wie vielen Stellen Menschen heute wie die namenlose Frau aus der Geschichte sind, und denke: Recht hat er, unser Jesus! Ihr Andenken ist lebendig überall dort, wo wir erfinderisch bleiben und Menschen gerade in Zeiten der Abstandsregeln Nähe schenken.

Herzlich verbunden,

Gebet:
Jesus,
so viel Sehnsucht bleibt in diesen Tagen ungestillt.
Das macht unsere Herzen schwer, die Tage lang und manche/n bringt das zur Verzweiflung.
Gut, dass wir darauf vertrauen können: Du kommst zu uns. In die stillen Kirchen, an den Küchentisch, ans Krankenbett.
Das lässt uns auf den Durststrecken durchhalten.
Amen.