Trinitatis, 07.06.2020

Spruch für die Woche:
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen.

Evangelisches Gesangbuch 139:
1. Gelobet sei der Herr, mein Gott, mein Licht, mein Leben, mein Schöpfer, der mir hat mein’ Leib und Seel gegeben, mein Vater, der mich schützt von Mutterleibe an, der alle Augenblick viel Guts an mir getan.

2. Gelobet sei der Herr, mein Gott, mein Heil, mein Leben, des Vaters liebster Sohn, der sich für mich gegeben, der mich erlöset hat mit seinem teuren Blut, der mir im Glauben schenkt das allerhöchste Gut.

3. Gelobet sei der Herr, mein Gott, mein Trost, mein Leben, des Vaters werter Geist, den mir der Sohn gegeben, der mir mein Herz erquickt, der mir gibt neue Kraft, der mir in aller Not Rat, Trost und Hilfe schafft.

Im 4. Buch Mose steht im 6. Kapitel (Verse 22-27):
Und der HERR redete mit Mose und sprach: Sage Aaron und seinen Söhnen und sprich: So sollt ihr sagen zu den Israeliten, wenn ihr sie segnet: Der HERR segne dich und behüte dich; der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden. So sollen sie meinen Namen auf die Israeliten legen, dass ich sie segne.

Liebe Schwestern und Brüder,

an einem Morgen in Seelow fiel mir Folgendes auf: Ich verlasse die Zahnarztpraxis, und die sehr freundliche Mitarbeiterin hinterm Tresen verabschiedet mich mit einem heiteren „Tschüssi!“. Ich habe noch etwas im Amt zu erledigen, und die ausgesprochen fröhliche Frau am Empfang ruft mir ein freundliches „Tschaui!“ hinterher. Am Ende meines Einkaufs höre ich von der jungen Frau an der Kasse, super zurechtgemacht wie aus einem Style-Magazin, ein freundliches „Tschüssi!“.
Im ersten Moment muss ich lächeln, dann bin ich verwundert: So viel Vertrautheit von Menschen, die mir eigentlich fremd sind! Wieder zu Hause angekommen, fällt mir ein: Dieses Tschüssi und Tschaui gibt es in vielen europäischen Sprachen, es ist sozusagen ein europäischer Gruß. Ciao! Adieu! Adios! Pfiat di! Tschüß! Alle diese Grußworte haben eine Grundbedeutung: „Geh mit Gott! Behüt‘ dich Gott!“ Und jetzt freue ich mich: Die junge Frau an der Kasse, perfekt geschminkt und mit einer phänomenalen Hochsteckfrisur, verabschiedet sich von mir mit einem „Geh mit Gott!“ Wer hätte das gedacht…
Fast jeder Gottesdienst endet mit ähnlichen Worten, nämlich mit dem Segen aus dem 4. Buch Mose. An den wichtigen Punkten unseres Lebens wird uns dieser Segen persönlich zugesprochen. Bei der Taufe, der Konfirmation (oder mit dem schönen alten Wort: der Einsegnung), der Trauung, der Einführung der Kirchenältesten: Immer wird der Segen einem Menschen zugesagt. Und selbst das letzte Wort, das über einen Menschen auf dieser Erde gesprochen wird, ist ein Segen: Die Aussegnung bei der Beerdigung. Segen auf Schritt und Tritt.
Meistens ist die Hand im Spiel, die Segenshand (Nebenbei: eine Hand hat 5 Finger, und 5 Komponenten sind wichtig am Segnen):
Wir segnen, indem wir einem anderen Menschen die Hände auflegen, einander die Hände reichen (zurzeit freilich eher symbolisch), einem Menschen ein Kreuz auf die Stirn zeichnen. Segen hat ganz wesentlich etwas mit Nähe zu tun. Mit Gottes Nähe. Segen lässt mich körperlich spüren: Gott ist in meiner Nähe, stärkt mir den Rücken, hält mich an der Hand.
Ich schreibe dies und merke schon: Segen ist keine Wohltat, die wir einander zukommen lassen. Segen kommt direkt von Gott. Wir geben ihn weiter. Die Post ist von Gott, dem barmherzigen, wir sind (nur) die Briefträger/innen.
Und so, wie jede/r von uns den Beruf des/der Briefträgers/in ergreifen kann, können wir auch alle den Segen weitergeben. Im ersten Testament segnen Väter ihre Söhne. Martin Luther, dieser Familienmensch, segnete seine Kinder jeden Abend. Ein Kirchenältester hatte am Ende der Sitzungen, der Seniorenkreise, der Proben immer das letzte Wort: „Gottes Segen auf euren Heimwegen.“ Mit dem Einandersegnen sollten wir richtig verschwenderisch sein!
An diesem Finger der Segenshand ist auch gut zu erkennen: Wir können uns nicht selbst segnen. Ihr könnt es ja einmal ausprobieren: Hand auf den eignen Kopf und sich selbst ein Segenswort sagen. Irgendwie geht das gar nicht. Zum Segen gehört, dass ich gesegnet WERDE. Mir fällt auf: Die Dinge, die mich stärken, meinen Glauben stärke, die kann ich alle nicht selbst „machen“: Ich kann mich nicht selbst taufen, mir nicht selbst das Abendmahl reichen, mich nicht selbst segnen. Immer brauche ich einen anderen Menschen dazu. Das ist schon etwas schwierig; denn wir haben ja gerne die Dinge selbst in der Hand. Doch wenn ich mich auf das Gesegnetwerden einlassen kann, die Hände öffne, den Kopf still halte, dann spüre ich: Es eine Wohltat!
Der Segen in unseren Gottesdiensten schließt mit dem Wort „Frieden“. Das wunderbare hebräische Wort lässt sich mit einem einzigen deutschen Wort nicht einfangen, eher mit einem Satz, z. Bsp.: Frieden ist das, was Dich zufrieden macht. „Gott gebe dir Zufriedenheit.“ Mit diesem Wunsch schließen unsere Gottesdienste. In den vergangenen Wochen war/ist Vieles in unserem Alltagsleben beschränkt und eingeschränkt, gefährdet und ungewiss. Ich glaube, wir haben in dieser Zeit deutlich gespürt, wie wichtig es ist, in allem zufrieden zu sein – und wie schwierig es ist, zufrieden zu sein. Und so ist in diesen Tagen der beste Wunsch, den wir einander mitgeben können: Gott schenke dir, dass du zufrieden sein kannst.
Und all‘ das, diese 5 Komponenten des Segens, diese 5 Finger an der Segenshand, all‘ das steckt in dem lässig-fröhlich hingesprochenen „Tschüssi!“. Ich schließe mich gerne der Mitarbeiterin an der Kasse an und grüße Euch bis zu einem Wiedersehen in unseren (kurzen) Gottesdiensten mit einem herzlichen „Tschüssi! Adieu! Pfiat di!“,

Pfarrerin Rahel Charlotte Mielke

Guter Gott,
der Gesang deiner Geschöpfe, die Ruhe des Sonntags, die Verbundenheit mit Schwestern und Brüdern über alle Abstände hinweg – so vieles ist Segen in unserem Leben. Wir halten unsere Seelen in den warmen Klang deines Segenswortes und werden gestärkt. Danke! Hilf uns, den Segen weiterzutragen an die zahllosen heillosen Orte.
Amen.