3. Sonntag nach Epiphanias, 24.01.2021

Im Evangelium nach Matthäus heißt es im Kapitel 8:
Als aber Jesus nach Kapernaum hineinging, trat ein Hauptmann zu ihm; der bat ihn und sprach: Herr, mein Knecht liegt zu Hause und ist gelähmt und leidet große Qualen. Jesus sprach zu ihm: Ich will kommen und ihn gesund machen. Der Hauptmann antwortete und sprach: Herr, ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach gehst, sondern sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund. Denn auch ich bin ein Mensch, der Obrigkeit untertan, und habe Soldaten unter mir; und wenn ich zu einem sage: Geh hin!, so geht er; und zu einem andern: Komm her!, so kommt er; und zu meinem Knecht: Tu das!, so tut er’s.
Als das Jesus hörte, wunderte er sich und sprach zu denen, die ihm nachfolgten: Wahrlich, ich sage euch: Solchen Glauben habe ich in Israel bei keinem gefunden! Und Jesus sprach zu dem Hauptmann: Geh hin; dir geschehe, wie du geglaubt hast. Und sein Knecht wurde gesund zu derselben Stunde.

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

Buchläden dürfen, selbst in pandemiebedingten Schließzeiten, geöffnet bleiben. Im Frühjahr stehe ich vor den reichlich gefüllten Regalen einer Buchhandlung und staune über die Massen an Ratgebern zu allen Bereichen unseres Lebens. Wahllos ziehe ich einen heraus, der sich dem Thema widmet „Optimiere dein Leben!“. Neugierig lese ich, dass ich mich morgens vor den Spiegel stellen und mich selbst mit den Worten begrüßen soll: „Du bist gut! Du bist schön!“

Ich kann abkürzen: Versucht habe ich es, allein gefruchtet haben die freundlichen Worte an mich nicht. Eher halte ich es mit dem afrikanischen Sprichwort: „Das Wort, das dir hilft, kannst du dir nicht selber sagen.“ Ein gutes Wort, das mir ein/e Andere/r zusagt, richtet auf, verleiht Schwung, hilft weiter.

„Sag nur ein Wort!“, bittet der Hauptmann ausgerechnet Jesus. Der römische Soldat ist keiner, der in die Nähe von Jesus zu passen scheint: Ein Militär, gewohnt, Befehle zu erteilen. Ein Römer, der das Heimatland von Jesus besetzt hält. Ein Heide, der über Gott nichts weiß oder nichts wissen will. Ausgerechnet der wendet sich an Jesus. Weil er Hilfe braucht, nicht für sich selbst, sondern für seinen Knecht, seinen Angestellten, der an einer schlimmen Krankheit leidet. Dessen Qualen berühren den Hauptmann so sehr, dass er selbst die Grenzen des Anstandes überschreitet. Es scheint ihm völlig egal zu sein, was die anderen, die Jesus umringen, zu seinem Vorstoß sagen. Ich höre sie tuscheln: „Was will der denn hier?“ und: „Was will denn die im Gottesdienst?“

Mit seiner eigenen Macht ist der Mann am Ende. Für ihn, der es gewohnt ist, dass ihm alle gehorchen, muss das eine schwierige Erfahrung sein. Ich vermute, auch für Viele unter uns ist das eine beschwerliche Sache: Zugeben, dass ich selbst nicht weiter kann – und vor allem: Den/die Andere/n um Hilfe bitten. Ein starkes Argument gerade der Altgewordenen höre ich immer wieder: Ich möchte doch nicht auf andere angewiesen sein, sprich: andere um Hilfe bitten müssen.

Wie so oft in solchen Geschichten reagiert Jesus sehr zurückhaltend. Und wieder staune ich über den Hauptmann: Er lässt sich nicht abwimmeln. Er sagt nicht: „Na gut, ich habe es versucht.“ Nein, er WILL die Hilfe, er WILL sie jetzt, er WILL sie für den anderen Menschen. Ach, gäbe es doch mehr solche Hauptmänner und Hauptfrauen, die anderen helfen wollen und dafür Grenzen überschreiten; die für andere bitten und betteln!

Sein ganzes Wollen und Wünschen legt er in diese Worte: „Sprich nur ein Wort, Jesus!“ Was genau Jesus sagt, erfahren wir nicht, aber er sagt sie: Worte, die Mut machen, trösten, heilen, Hoffnung geben. Ich sehe daran, dass Jesus nicht wörtlich zitiert: Wir sollen selbst ergänzen, was hier fehlt. Wir sollen selbst die heilsamen Worte füreinander finden. Wir können ein Wort sagen, dass hilft. Vertrauen wir darauf, dass Worte tatsächlich solche Macht haben!

Ich sehe zahlreiche „kranke Knechte und Mägde“ in unserer Nähe, die genau solch ein Wort dringend brauchen; denn das Wort, das hilft, kann ich mir nicht selbst sagen.

Jesus, große Heilkraft steckt in deinen Worten.

Öffne meine Ohren, dass ich dein aufweckendes Wort höre! Bewege meinen Mund, damit ich weitergebe, was mir selbst geholfen hat! Schenk mir Fantasie, damit ich die richtigen Worte finden kann!

Amen.

Lied für diese Woche:

1. In Christus gilt nicht Ost noch West, in ihm nicht Süd noch Nord, wo er wirkt, wird Gemeinschaft sein, gehalten durch sein Wort.

2. Woher wir stammen, fragt er nicht. Er lädt zu Brot und Wein, bringt alle uns an seinen Tisch, lässt uns dort eines sein.

3. Drum kommt und bindet fest den Bund. Was trennt, das bleibe fern. Wer unserm Vater dienen will, der ist verwandt dem Herrn.

4. In Christus trifft sich Ost und West, er eint auch Süd und Nord, schafft selbst die gute, neue Welt und spricht das letzte Wort.


Melodie „Ich singe dir mit Herz und Mund“, Evangelisches Gesangbuch Nr. 324,
Begleitung: https://www.youtube.com/watch?v=DtXitJe50KI