Neuentempel

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Altar vor 1945

In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts begann  die  Urbarmachung und Besiedlung unseres Gebietes. Augustinermönche aus dem Osten Europas, aus Naumburg am Bober in Schlesien, gründeten die Dörfer Görlsdorf und Diedersdorf, und die Brüder des Tempelordens kamen aus dem Westen und ließen die Dörfer Lietzen, Marxdorf und Neuentempel entstehen.

Die Urbarmachung des Landes war immer mit dem Bau von Kirchen verbunden. Feldsteine waren in Fülle vorhanden. Zunächst war es das Ziel, das Christentum auszubreiten; andererseits bildeten die Kirchen ein Magnet für viele Siedler. Man zog in ihren Schutzbereich, denn wo Gott zu Hause ist, da ist auch Leben möglich. Und wo eine feste und starke Kirche ist, da ist auch Schutz. Die Mönche halfen in Hungersnöten und bei Krankheiten; die dicken Mauern der Kirchen boten Schutz bei Unwetter und Kriegsgefahr. Die Kirche von Neuentempel ist eine solche Trutzburg. Starke, bis zu zwei Meter dicke  Mauer  zeugen von   ihrem Charakter als Wehrkirche. Enge Pforten erschwerten umso mehr eine militärische Einnehmung. Die quadratisch behauenen Feldsteine sind kaum zu knacken. Und tatsächlich hielt unsere Kirche auch allen Wirren der Zeit stand, bis sie schließlich im April 1945 von deutschen Truppen auf ihrem Rückzug in Brand gesteckt worden ist.

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Kirche vor der Zerstörung

Anfang der 50er Jahre bauten die Neuentempler ihre Kirche wieder auf. Jeder, der konnte, spendete einen Baum. Das kirchliche Leben bekam wieder einen Ort. In ihrem ursprünglichen Zustand konnte die alte Kirche nicht mehr versetzt werden. So bekam der Turm ein schlichtes Pyramidendach, wo einst die mit Kupfer gedeckte, achteckige und hölzerne Haube war, die im Jahr 1728 der Königlich-Preußische Chefzimmerermeister Buchholz aus Cüstrin gefertigt hatte. Die Turmuhren gingen verloren. Zwei Glocken aber überdauerten den Krieg in Hamburg, wo sie auf ihre Einschmelzung warteten. So läuten heute immer noch eine große Glocke aus dem Jahre 1421 und eine kleinere von 1767.  Die Töne fis und g geben dem Geläut einen unverkennbaren und fast klagenden Klang. Die dritte Glocke wurde 1942 leider eingeschmolzen.

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Gestühl, Empore, Kanzel, Taufstein und Altar wurden in den Jahren des Wiederaufbaus in der Tischlerei von Neuentempel hergestellt und tragen deutlich   die   Handschrift   des Tischlermeisters Otto Baier. Ihm gelang es, dem Inneren des quadratischen Kirchenschiffes ein recht harmonisches Bild zu geben. Freilich erinnern sich die alten Neuentempler gerne an den wunderschönen  farbigen, barocken Kanzelaltar, an den Taufengel und die Orgel, die seinerzeit unsere Kirche schmückten und unwiederbringlich den Flammen zum Opfer fielen. Seit dem 1. Advent 1998 kann die Kirche sich wieder über ein Orgelpositiv freuen.

So gesehen, ist Kirchengeschichte auch immer gleichzeitig Veränderung.

Wer sich auf einen Rundgang um die Kirche begibt, wird an der  Südseite ein ursprüngliches Rundportal erkennen, das jetzt zugemauert ist. Im 14. Jahrhundert wurde die Kirche um ein Drittel vergrößert. In diesem Zusammenhand entstand das schmale Spitzbogenportal im Inneren, dessen Spitze, die Schnittstelle der Erweiterung markiert.

Die Kirche heute

Im 18. Jahrhundert entstand aus Platzmangel die Vorhalle des Kirchenschiffs. Maurermeister Johann Christoph Schulze aus Seelow übernahm 1727 diese bauliche Veränderung. Zugleich vergrößerte er auch die Fenster. Anstelle der Wetterfahne, die das Signum derer von Hardenberg trug, schmückt jetzt ein Kreuz den Turm.  Der Schornstein auf dem Dach erinnert an die Zeit, da in der Kirche mit einem Ofen geheizt wurde.

Aber nicht nur in baulicher Hinsicht erkennt man den Wandel der Zeit, der durch eine Kirchengemeinde geht. Bereits 1312 ging Neuentempel in den Besitz des Johanniterordens über. 1574 zog der erste evangelische Prediger Anton Hoffmeister in unser Dorf. Nach der napoleonischen Besatzung wurde 1817 die Pfarrstelle geschlossen und erst 78 Jahre später wieder durch Pfarrer Kuno Bollert besetzt. In dieser Vakanzzeit gehörte Neuentempel zum Kirchspiel Dolgelin.

In der Zeit des Nationalsozialismus behauptete sich unsere Kirchengemeinde unter der seelsorgerlichen Führung des Pfarrers Friedrich von der Au als Bekenntnisgemeinde gegen die Deutschen Christen. 1937 fand hier bei uns unter großen Schwierigkeiten  das  Treffen der Bekenntnisjugend Ost-Brandenburgs statt.

Heute ist Neuentempel der Pfarrsitz der Kirchengemeinden Diedersdorf – Neuentempel und Görlsdorf – Worin – Alt Rosenthal.